10. Januar 2024

Gendern von Kollegen

Sie kennen das: Sie setzen an, eine E-Mail an Ihre Teammitglieder zu verfassen und tippen erstmal los: Liebe Kollegen, .... hmm, so richtig geschlechtergerecht ist das nicht. Wie kann man „Kollegen“ gendern? Einfach „Liebe Kolleginnen und Kollegen“ schreiben? Oder am besten gleich ein Genderzeichen einbauen und „Liebe Kolleg*innen“ schreiben?

Das Gendern von „Kollegen“ ist in meiner Beratung zu gendersensibler Unternehmenskommunikation ein Dauerbrenner. Denn tatsächlich melden (manche) Frauen ihren Kollegen zurück, dass sie sich bei „Liebe Kollegen“ nicht (mehr) angesprochen fühlen. Suchen wir also eine pragmatische Lösung: Welche Alternativen zu „Liebe Kollegen“ gibt die deutsche Sprache her und was kann man schreiben, damit sich alle Teammitglieder fair und wertschätzend angesprochen fühlen?

Auch beim Thema Gendern gilt: Der erste Eindruck zählt. 

Mit einer gendersensiblen Ansprache gleich zu Beginn Ihrer E-Mail oder Rede schaffen Sie sofort eine gute Grundlage für einen wertschätzenden Umgangston.

Schauen wir uns einige Alternativen zu „Liebe Kollegen“ an:

 

1. Alternative: Beidnennung

Die einfachste Möglichkeit, Ihre Ansprache geschlechtergerechter zu gestalten, ist „Liebe Kolleginnen und Kollegen“ zu schreiben. Selbst wer strikt „gegen das Gendern“ ist, sollte sich mit der Variante anfreunden können. Mit dieser sogenannten Beidnennung (also der Nennung der weiblichen und männlichen Form) werden Frauen und Männer gleichermaßen angesprochen. Es sind zwar ein paar Buchstaben mehr zu tippen, aber das dauert höchstens drei Sekunden.

Heißt das nun, dass Sie jedes „Kollegen“ zu „Kolleginnen und Kollegen“ umwandeln sollen, selbst im lockeren Gespräch in der Kaffeeküche? Naja, genau genommen spricht nichts dagegen. 😉 Denn so aufwendig ist die Beidnennung wirklich nicht, wenn Sie sich erst einmal daran gewöhnt haben. Ein achtsamer Umgang mit Sprache wäre es allemal. Und dennoch:

Nein, Sie müssen nicht jedes einzelne „Kollegen“ in jedem Kontext zu „Kolleginnen und Kollegen“ ummünzen.

Denn in der Praxis gilt vielmehr:

Gendern bedeutet nicht, in jedem Satz auf ein genau ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter zu achten. 

Je nach Kontext dürfen wir mehr oder weniger gendern.

Warum das penible „Durchgendern“ von Texten unnötig ist, lesen Sie unter anderem im Artikel Gendern 2022: diese Publikationen bringen die Debatte weiter.

 

2. Alternative: genderneutrale Personenbezeichnungen

Bei der Suche nach genderneutralen Alternativen zu „Kollegen und Kolleginnen“ haben wir Glück – denn anders als etwa beim Gendern von „Arzt“ gibt es für „Arbeitskollegen“ eine wunderbare geschlechtsneutrale Alternative: nämlich das Wörtchen „Team“.

„Team“ hat den Vorteil, dass es sehr kurz und genderneutral ist, und auch mündlich einfach über die Lippen geht.

Versuchen Sie in der Ansprache einmal „Liebes Team“ oder einfach „Hallo Team“ zu schreiben oder im Fließtext „alle Kollegen“ durch „das gesamte Team“ zu ersetzen.

Statt:

  • Liebe Kollegen, wie angekündigt...
  • Alle Kollegen sind der Meinung...

Versuchen Sie es einmal mit:

  • Liebes Team, wie angekündigt...
  • Hallo Team, wie angekündigt...
  • Das gesamte Team ist der Meinung...


Auch „Teammitglied“ ist sehr gut als genderneutrale Alternative zu „Kollege“ geeignet, denn „das Mitglied“ ist per se schon geschlechtsneutral. 

Weitere genderneutrale Alternativen rund um den Team-Gedanken sind „Mitwirkende“, „Beteiligte“ oder auch „Mitgestaltende“ (wie neulich im Alnatura-Magazin entdeckt).

Statt:

  • Ich möchte allen Kollegen herzlich danken

Versuchen Sie es einmal mit:

  • Ich möchte allen Teammitgliedern herzlich danken
  • Ich möchte allen Mitwirkenden herzlich danken
  • Ich möchte allen Beteiligten aus dem Team herzlich danken
  • Ich möchte allen Mitgestaltenden herzlich danken
  • Ich möchte allen im Team herzlich danken

 

3. Alternative: Sachbezeichnung

Eine weitere Möglichkeit, „Kollegen“ zu gendern, ist die Verwendung von Sachbezeichnungen. Was etwas steif klingt, ist in der Praxis durchaus üblich. Denken Sie zum Beispiel an eine Formulierung wie „die ganze Marketing-Abteilung“ als Ersatz für „die Kollegen vom Marketing“ oder als Ersatz für „Liebe Kollegen“, wenn Sie selbst Teil der Marketing-Abteilung sind. 

Schauen wir uns ein paar Beispiele an:

Statt:

  • Liebe Kollegen, wie angekündigt...
  • Alle Kollegen aus der Buchhaltung sind der Meinung...

Versuchen Sie es einmal mit:

  • Liebe Marketing-Abteilung, wie angekündigt...
  • Liebe Buchhaltung, ...
  • Die gesamte Buchhaltung ist der Meinung...


4. Alternative: neutrale Anrede ohne Personenbezug

Dem sprachlichen Dilemma ganz entkommen können Sie, indem Sie Ihre morgendliche E-Mail ganz einfach mit „Guten Morgen“ einleiten oder mit einer kurzen, freundlichen Formulierung wie „Hallo in die Runde“, „Hallo zusammen“ oder „Liebe Runde“. Ähnliche Strategien funktionieren auch beim Gendern von „Sehr geehrte Damen und Herren“ sehr gut, wie etwa die Techniker Krankenkasse mit ihrem „Guten Tag“ vormacht. Den Blog-Beitrag dazu finden Sie hier.

 

Weitere Möglichkeiten zum Gendern von „Kollegen“

Je nach Anlass, Unternehmen und Förmlichkeit können noch viele weitere Formulierungen funktionieren. Anstatt sich „bei allen Kollegen“ zu bedanken, bedanken Sie sich doch bei der „gesamten Belegschaft“ oder bei „allen für die kollegiale Unterstützung“. Alle „Kollegen“ sind eingeladen, am Sommerfest teilzunehmen? Dann laden Sie doch den „gesamten Kollegenkreis“ ein.

Um geschlechtergerecht zu schreiben, müssen Sie Ihre Texte nicht konsequent „durchgendern“. Vielmehr geht es um einen wertschätzenden Gesamteindruck.

Welche genderneutrale Alternative zu „Liebe Kollegen“ werden Sie ausprobieren?

Und apropos ausprobieren: Natürlich können Sie auch einen Genderstern oder ein anderes Genderzeichen verwenden, um ihre Kolleg*innen gendersensibel anzusprechen. Übertreiben Sie es aber nicht und überfrachten Sie längere Texte nicht mit Sonder- und anderen typografischen Zeichen wie dem Doppelpunkt.

Sie wollen tiefer ins professionelle Gendern einsteigen und aktuelle Beispiele aus der Unternehmenspraxis sehen? Dann stöbern Sie gerne weiter auf meinem Blog oder in meinen aktuellen Angeboten. Einen Crashkurs zum Thema finden Sie kompakt aufbereitet in meinem multimedialen Infoguide Gendern.

Kommentare

  • Die Verwendung des Wortes „Team“ halte ich für sehr unglücklich. Nur in den allerwenigsten Fällen wird es sich wirklich um ein Team handeln, auch wenn der Begriff mittlerweile inflationär für Arbeitsgruppen verwendet wird.

    • Hallo Christian,
      danke für den Kommentar. Ich verstehe, was du meinst. Dann passt vielleicht ein einfaches „Guten Morgen/Hallo in die Runde“. Nicht jeder Vorschlag passt in jedem Kontext. Dafür sind die Anwendungsfälle viel zu unterschiedlich.
      Alles Gute und viele Grüße aus Berlin
      Katherina

  • In der IT gibt es sog. reguläre Ausdrücke, mit denen man wunderbar gendern kann: „Lieber? Kolleg(en?|in(nen)?)“ bezeichnet „Lieber Kollege“, „Liebe Kollegin“, „Liebe Kollegen“ und „Liebe Kolleginnen“. Ist zwar nicht gut lesbar jedoch semantisch korrekt. 🙂

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